Montag, 16. Dezember 2013

Gedankenblitz und die reine Wahrheit

Irgendwie finde ich 19 ist ein dummes Alter, 18 war viel geiler irgendwie – keine Ahnung wie ich da jetzt drauf komme, aber irgendwie muss er ja starten, der nächste Blogeintrag, den alle schon so unglaublich sehnsüchtig erwartet haben.
Nun, hier ist er und ich werde jetzt mal erzählen, was bei uns in den nächsten Tagen so ansteht. Das wird nicht so sonderlich spannend klingen und die Probleme, die ich gleich  herauf beschwören werde, sind wahrscheinlich gering im Gegensatz zu euren – aber dennoch, bei uns ist quasi gerade Stress der Vorweihnachtszeit zu spüren. Für mich erscheint das immer noch etwas paradox. Das könnte durchaus an der Tatsache liegen, dass ich schwitze, ständig Palmen sehe und ein Flip – Flop – Sonnenabdruck auf meinen Füßen durch die indischen Straßen trage.
Unsere Christmasfunction ist bei uns nämlich schon an dem Tag, an dem ich die 8 aus Franzi’s Adventskalender öffne, also gar nicht mehr so lang hin. Da trifft es sich ungemein gut, dass meine fluteclass das „Lasst uns froh und munter sein“ Lied, dass ich auch langsam nicht mehr hören will, schon beinahe ohne einen falschen Ton spielen kann. Durchaus eine beachtliche Leistung, wenn man ich mir den Anfang in Erinnerung rufe – oder besser auch nicht.
Maggi und ich sind, wie alle Freiwilligen vor uns, die Engel im Krippenspiel und dürfen auch freundlicherweise etwas auf Tamil sagen (das ist die Sprache, die bei uns gesprochen wird und von der ich die Existenz bis vor kurzem noch nicht einmal geahnt habe). Hier mein Text: Kirubäi petravalei vaghäääehh karteeer onudanaaii irrukirrar. (dann sagt Maria irgendwas) und dann ich wieder: Mariale bayappadadeih, nee oru kumaraneiy peruvaiii. Avarekkke Jesu jendree peyariduavaiii.
Locker.
Dann habe ich heute noch erfahren, dass ich einen Germandance aufführen darf, also ich zeige den Mädchen einen Tanz und die tanzen dann und ich vielleicht mit. Arul hat mir eine CD gegeben und jetzt wird es einen super Dance zu „Schüttel deinen Speck“ geben hehhhehe. Habe mir auch gerade eine Koreo ausgedacht, zumindest zu der erste Strophe. Ist auch echt ganz geil geworden, aber ob die Mädchen, die in nur einer Woche lernen ist fragwürdig….. Bin aber sehr gespannt und optimistisch, dass das klappt.
Bühnendekoration ist ein weiteres Anliegen und wurde uns vertrauensvoll in die Hände gelegt. Wie schön – also besteht unsere neue Lieblingsbeschäftigung in Sterne basteln, bzw. unserer Englischclass zeigen, wie man Sterne bastelt.
Ihr hört, es gibt viel zu tun und die Zeit rennt, quasi wie in den letzten drei Monaten, in denen ich jetzt schon im indischen Leben stecke. Das Zwischenseminar am Meer, hhehhe, hat die Hälfte meines kleinen Abenteuers markiert und gleichzeitig meinen Geburtstag versüßt. Der wurde dann allerdings nicht wirklich indisch gefeiert, weil wir einfach 20 Freiwillige auf einem Fleck waren, da fällt man dann doch in die deutschen Gewohnheiten zurück. Außer vielleicht meine Torte, die war groß und mit extrem viel Zuckerguss und dicken Blumen, ebenfalls aus Zucker. Und natürlich meinen richtig richtig richtig (…) schönen Sari in dunkelblaulilagrün, den man wahrscheinlich auch nur an einem indischen Geburtstag bekommt.
Nun jetzt ist die 19 da und merke richtig wie ich alt werde.
Ich muss zugeben, ich weiß immer nicht so richtig, was jetzt wirklich interessant ist und was nicht. Dass ich heute 6 Bananen (sogar die Großen) für nur 30 Rupies bei meinem Fruitshop des Vertrauens geschossen habe, ist euch wahrscheinlich herzlich egal.
Was mir gestern nicht so egal war, war, dass der Tailor ( der jetzt nicht mehr der Tailor meines Vertrauens ist) die Hose von meinem Chudidarmaterial VIIIIEL zu groß gemacht hat und ich, bzw. Rina nochmal zum Tailor müssen, um die Hose enger machen zu lassen. Dabei hat der Gute meine Maße genau genommen, gggr. Soviel zu den Problemen, die mich gerade beschäftigen..
Andererseits gibt es auch Punkte, an denen ich wirklich etwas verzweifle. Zum Beispiel haben wir uns in Trichy die Tempel der Hindus angeschaut. Unglaublich eindrucksvolle Bauten und richtig schön anzusehen. Besonders vielleicht auch die Menschen darin, der Tempel scheint ein Ort zu sein, an dem man wohl fast alles macht: Schlafen, Essen, Telefonieren oder irgendwas verkaufen, Touristen betrügen, dies das halt. Allerdings sind wir dann auch aufs Dach gegangen und man hatte einen Blick auf das Innere der Tempelanlage, deren Betreten nur Hindus erlaubt ist. Pures Gold glitzerte in der Sonne und unser indischer Begleiter, übrigens ein Christ, meinte nur: „ The god is rich, the people are poor“. Ich dachte wirklich nur wie recht er hat. Vor den Türen des Tempels liegen alte, kranke Bettler und versuchen irgendwie zu überleben, und hier drin hat Vishnu oder Shiva einen kleinen Palast.
Die Armut der Menschen schockt mich gar nicht mehr so sehr. Das klingt vielleicht hart, allerdings sehe ich jeden Tag die armen Siedlungen und ihre Bewohner. Man bemerkt das auch an den Kinder: Viele haben keine Schneidezähne mehr, denn sie sind weggefault oder ihre Köpfe haben Stellen, an denen keine Haare mehr wachsen. Ein Junge hatte mehrere offne Wunden mit Eiter an seinem Bein, bestimmt 3 bis 4 cm Durchmesser. Ich hatte richtige Gänsehaut.
Auch das ist Indien muss man sagen. Als ich mir das Dorf angeschaut habe, in dem unser Kindergarten liegt, konnte man sich als Europäer nicht vorstellen so zu leben. Die Häuser, nur mit Bananenblätter bedeckt, manche hatten auch nur Lehmwände, bestanden meist nur aus 2 Räumen: Küche und Schlafzimmer. Ein Haus war bis auf das Fundament niedergebrannt, aber die Familie hat kein Geld, es neu aufzubauen und so „wohnen“ sie trotzdem noch darin.

Verdammt, ich habs echt versucht, wirklich und ohne Flachs. Was hinter dieser wunderlichen Aussage steckt, wird der aufmerksame Leser bereits erahnt haben. Es ist schon der 16 Dezember und nun ja, der obere Eintrag handelt vom 8. Es ist also schon alles gelaufen und was soll ich sagen? Es hat gut geklappt. Schüttel dein Speck ist eingeschlagen und JEDER will jetzt in meinen HipHop Kurs. Naja ganz so doll vielleicht auch nicht, aber ein paar mal öfter habe ich schon gehört: Lea Akka, german dance veeery nice. Reicht ja auch. Den Text hat ja zum Glück niemand verstanden, sonst hätte es eventuell Fragen gegeben. Wie dem auch sei, neben diesem einmaligen Erfolg, habe ich auch einen indischen Tanz aufgeführt. 3 Tage vorher wurde mir gnädigst Bescheid gesagt und ich habe mir die 5 dummen Minuten echt eingeprügelt. Zwischenzeitlich – man bemerke, ich bin kein sehr geduldiger Mensch- ist mir dieses kranke Rumgehüpfe auch extremst auf die Nerven gegangen, aber es hat schließlich doch geklappt. Und ja es hat auch irgendwie Spaß gemacht.

Weihnachten rückt näher und wenn ich dann an meine Familie denke und an meine liebste Franzi und an letztes Jahr Heilige Abend/ Nacht, dann muss ich sagen, werde ich schon ein bisschen sentimental und diese Sentimentalität steigert sich dann kontinuierlich in eine ziemlich nervige schlechte Laune. Vielleicht ist das auch wirklich die schwierigste Zeit .. ein kurzer Einschub, der mir wirklich genau gerade jetzt um 22:08 indischer Zeit am 16.12 gekommen: HAHAHA ich bin aus der Probezeit raus! … okay und nun zurück, es ist definitiv die schwierigste Zeit.

Falls ihr Winterdepression habt und das kalte Wetter hasst, keine Sorge, wir frieren hier auch (ich brauche 2 Decken zum Schlafen und wir haben noch nicht mal eine warme Dusche!), denn mittlerweile sind es nachts nur noch so 25 Grad. 

Donnerstag, 14. November 2013

Wenn meine Mum schon auf ihre schreibfaule Tochter angesprochen wird, dann ist es Zeit einen neuen Eintrag im Blog zu machen, so viel steht fest. Gut, hier kommt er. Um meinen neu erworbenen Ruf zu wahren, veröffentliche ein paar Zeilen aus meinem Rundbrief. Dann zerschlage ich 2 Fliegen mit einer Klappe, BAM.  

Meine anfängliche Überlebensstrategie bestand darin, erst einmal alles zu beobachten und dann nachzumachen. Ich gebe zu, das klingt nicht nach einem ausgeklügeltem Plan, allerdings zeigte er sich als äußert sinnvoll und das nicht nur wenn man die Straße überqueren will und einem Inder so dich hinterherläuft, dass die Gefahr besteht, ihm in die Hacken zu treten. Dieses Risiko geht man jedoch gerne ein, wenn man sich den Verkehr hier einmal anschaut.
Das indische Leben erschlägt jeden Europäer, der vorher noch nicht in Asien war, sobald er das Flughafengebäude verlässt (oder vielleicht auch schon, wenn er es betritt). Hitze, Dreck, überall Menschen und dazu noch ein Lärm und ein Geruch, den man wahrscheinlich alles andere als angenehm findet. So kommt es, dass man sich schon sehr früh mit der Frage konfrontiert, ob dies alles nun wirklich die richtige Entscheidung war und wie genau man jetzt ein halbes Jahr in diesem Land überleben kann.
Nach ungefähr 2 Monaten in meinem neuen Zuhause hier in Mayiladuthurai fällt die Antwort erstaunlich leicht. Ja, es war die richtige Entscheidung und im Grunde ist das Leben hier recht einfach, aber sehr aufregend.

Ich wohne nun auf dem T.E.L.C Compound, einem Heim, beziehungsweise Internat mit ungefähr 250 Mädchen zwischen 6 und 19 Jahren.
Die Kinder sind keine Waisen, sondern kommen aus sehr armen Familien, die nicht richtig für sie sorgen können. Dies ist durchaus zusammenhängend mit der allgemeinen Benachteiligung von Mädchen und Frauen in der indischen Gesellschaft. Hier aber werden ihnen Essen, ein sicheres Umfeld und eine Schulbildung ermöglicht. Die Regeln sind allerdings sehr streng und der Zeitplan ist voll: Neben Essen, Schule, Küchendienst und dem Waschen der Kleidung ist auch noch Gartenarbeit, also die Pflege des Geländes notwendig. Nach der Schule müssen die Mädchen ihre Hausaufgaben machen und nach dem Abendbrot kommt es erneut zu einer Lerneinheit. Auch Samstag ist Unterricht und Sonntagvormittag gehen alle geschlossen in die Kirche.
Kathi, meine Mitfreiwillge, und ich haben ein Zimmer mit Bad in dem Haupthaus, in dem sich auch noch die zwei Zimmer der Managerin, ein Gästezimmer, unser Esszimmer und die Büroräume befinden.

             
Wenn ich nun versuche, unseren Tagesablauf darzustellen ist das nicht so ganz einfach, denn hier ist wirklich jeder Tag anders. Ich muss auch zugeben, wir haben eher nur einen Plan, wie unser Alltag eigentlich aussehen sollte, doch kommt es noch höchst selten vor, dass er sich im Laufe des Tages wirklich so erfüllt, wie er vorhergesehen ist.
Normalweise also, stehen wir um 5 vor 8 auf, um dann um 8 beim Essen zu sein. Um halb 9 sind wir meistens fertig und gehen zum Morning Prayer, welches dann bis viertel vor 9 dauert. Dann geht’s  um 9 los zum Busbahnhof und wir fahren um 10 nach 9 nach Killiyanur zum Kindergarten. Mit dem Fußweg einberechnet sind wir immer ungefähr um 10 Uhr dort und beginnen uns dann gleich mit den Kindern zu beschäftigen. Wenn wir ankommen, dann springen sie auch immer schon auf und begrüßen uns ganz freudig mit „Good morning akka“, was so viel heißt wie „große Schwester“. Um 11 Uhr bekommen die Kleinen immer eine Art Brei und wir eine unglaublich leckeren Tee mit Obst oder Keksen. Danach beginnt das Programm: Wir teilen uns meistens auf und ich gehe zu den größeren Kindern. Wir üben Buchstaben oder Zahlen, malen (dann geben mir die Kinder immer ihre Tafeln und ich soll malen, was sie sagen. Äußerst selten malen sie selber etwas), singen oder tanzen und erzählen Geschichten. Die Verständigung klappt soweit ganz gut, allerdings werde ich schon immer etwas traurig, wenn sie mir eine Geschichte erzählen und ich sie einfach nicht verstehe. Andersherum ist es aber auch so, dass sie mich nicht verstehen. So braucht man wirklich einen langen Atem, wenn alle Kinder singen sollen, es aber so eins, zwei Kandidaten gibt, die einfach keine Lust haben zu singen und immer wieder aufspringen und weglaufen. Ushar, die beispielsweise in der letzten Woche allein mit 20 Kindern war, kann nicht auf alle gleichzeitig aufpassen und wenn wir die Ausreißer dann zurückbringen ist das gar nicht so leicht, wenn man nicht einfach sagen: „Bleib jetzt hier und sing, ich meine es ernst.“. Mit den meisten gelingt aber eine nähere Beziehung und wenn Ranjitha, mein absoluter Liebling, mich morgens anlächelt, dann weiß ich warum ich aufgestanden bin, um 8. Klingt vielleicht etwas kitschig, aber dieses Mädchen ist einfach so süß. 
Um 1 Uhr gibt es dann Essen, meistens Reis mit Soße und einer Beilage, wie zum Beispiel ein Ei, Rote Beete oder manchmal auch Hühnchen. Wir essen dann immer um halb 2. In Killiyanur ist das Essen wirklich richtig lecker. Auch wir kriegen Reis mit Soße (Chutney), allerdings auch noch Möhren, Bohnen oder Kartoffeln und ein Spiegelei. An besonders guten Tagen, so seh ich das, gibt es Chappati. Eine Art Weizenfladen, sehr kross angebraten und hier bis jetzt das beste, was ich gegessen habe. Am Dienstag wollen wir beim Kochen helfen und uns das Rezept aufschreiben, damit, wenn ich wieder da bin, ihr alle von meinem super Chappatis kosten könnt.
Im Kindergarten ist danach Mittagsschlaf angesagt, den wir und die Betreuerinnen meistens genauso halten wie die Kinder. Um drei gibt es dann noch einmal den Brei und danach werden sie auch schon wieder abgeholt.
 Wir unterhalten uns dann immer noch mit den Mädchen aus der Nähschule, die auch auf dem Gelände des Kindergartens liegt. Um 4 bekommen alle noch einmal einen Tee und man sitzt gemütlich beisammen. Den Bus nehmen wir immer um halb 5 und sind dann wieder kurz nach 5 zuhause.
Nach 2 Monaten in Killiyanur werden Kathi und ich jeweils in unterschiedliche Kindergarten gehen, denn zum Compound gehören drei, die sich in der näheren Umgebung befinden: in Killiyanur, Ambumalar und Patamangalam. Letzterer wird meine neue Arbeitsstätte.

Nach einer kurzen Entspannung zuhause geht es dann aber noch mit unserem Englisch oder Flötenunterricht weiter, der findet nämlich von 6 bis7 statt. Schon nach 2 Stunden wird hier aber deutlich: Ich werde aus den Mädchen keine Oxford – Studentinnen machen können. Zum einen liegt das natürlich an mir, allerdings ist auch auffällig wie unterschiedlich das Bildungsniveau ist. Ein Mädchen ist unglaublich aufmerksam und sehr intelligent, aufgeschlossen, ein anderes dagegen kann nicht richtig schreiben, nimmt sich selber stark zurück und ist sehr still. Beide sind unglaublich lieb, aber es fällt mir schwer, den „Unterricht“ so zu gestalten, dass sich alle angesprochen fühlen, obwohl meine Gruppe nur aus 5 Mädchen besteht. So bleibt es eher bei Spiel und Spaß, viel reden, aber auch zuhören und ihnen einfach eine Stunde Entspannung und Aufmerksamkeit zu schenken, die sie gut gebrauchen können, in ihrem straffen Alltag. Sie haben bereits einen Platz in meinem Herzen, auch schon, bevor sie mir eine kleine Puppe geschenkt haben, die aussieht, als ob sie schon 2 Jahre an einem Ranzen hängt. Trotzdem war ich irgendwie gerührt.
Mit meiner Flötengruppe übe ich gerade „ Lasst uns froh und munter sein“. Das Lied mag ich und jetzt mögen sie es auch. Es musste nur leicht verändert werden, denn die Achtel waren zu schwierig und wer eine ambitionierte Blockflötistin ist, weiß, dass das tiefe C nicht gerade einfach ist, weil man alle Finger auf die Löcher drücken muss. Die Mädchen, deren Finger wirklich sehr klein sind, hatten damit ihre Probleme und so habe ich einfach die tiefen Cs durch andere Töne ersetzt (sind ja nur 2). Geübte Hörer werden das gute Lied aber trotzdem noch erkennen.
Für uns ist der Tag nach dem Abendbrot um 8 Uhr dann offiziell vorbei.

Indien bleibt für mich – bis jetzt, man weiß ja nicht was noch alles so kommt – auf jeden fall noch ein Rätsel. Es passieren Dinge, von denen man vielleicht nicht glaubt, dass sie wirklich passieren.
So zum Beispiel mein Doktor, den ihr ja alle kennt, der dieses Mal gesagt hat, dass er zu meiner Hochzeit kommt und wirklich ungläubig geguckt hat, als ich meinte, dass bis dahin noch mindestens 6 bis 7 Jahre vergehen sollen.
Kathi wurde von einem Affen gebissen, der hier auf dem Compound rumgelaufen ist. Er hat sich um ihr Bein geschlungen und nun ja, zugebissen und sie bekam danach bestimmt 4 Injektionen, von denen wir hoffen, dass sie wirklich helfen und nicht schaden. Sie lebt aber noch.
Am Mittwoch gab es einen heftigen Monsunregen, der unseren ganzen Kindergarten überschwemmt hat und den Garten in ein Meer verwandelte. Zum Bus sind wir also geschwommen und nach Hause auch. Ich habe schon lange nicht mehr so viel Regen gesehen wie an diesem Tag.
Gestern ist mir ein Mann entgegengekommen. Der war quasi nackt, mit einem kleinen Tuch in Form einer Servierte um die Hüfte und er hat dem Betrachter tiefe Einblicke gewährt, auf die man auch hätte verzichten können. So etwas gibt es in Deutschland einfach nicht!

Trotzdem, wir fühlen uns hier wohl und herzlich aufgenommen. Die Menschen sind unglaublich freundlich und wir haben schon ganz viele indische Mamis, Omis und Schwestern, die uns immer helfen, wenn wir irgendwelche Fragen und Wünsche haben.
Natürlich gibt es auch Unangenehmes, Unverständnis und bedrückende Momente, aber dazu – um die Spannung aufrecht zu erhalten – mehr im nächsten Rundbrief.

Bis dahin, euch alles Gute, macht was, ich schicke euch ein paar Sonnenstrahlen.


Donnerstag, 10. Oktober 2013

Indian girl und die Busfahrer

Eigentlich weiß ich gar nicht, was ich heute hier so schreiben soll, aber irgendwie ist ja mal wieder Zeit, dass meine gierige Leserschaft wieder was zu beißen bekommt, hahah.
Während in Deutschland wohl alle ihren Alkoholrausch ausgelebt haben und BRAUNSCHWEIG GEGEN ÄHHH den WÖLFICLUB gewonnen hat, haben Margaretha und ich am Wochenende die Sophie und die Sarah in Thanjavur besucht. Wir sind mit dem Zug gefahren und wenn man sich jetzt dieses Bild vorstellt, wo alle auf dem Dach sitzen und die Abteile so überfüllt sind, dass man eigentlich gar nicht mehr atmen kann, weil man nur 2 Quadratzentimeter zum Überleben besitzt, dann muss ich alle leider enttäuschen, denn wir sind sehr komfortable gereist. Irgendwie wirklich komfortabel, denn wir hatten jeder so eine ganze Bank, auf der wir uns quasi schlafen legen konnten. Trotzdem hoffe ich, dass wir irgendwann nochmal so eine richtige Zug – Survival – Situation haben werden.
In Thanjavur angekommen wurden wir auch gleich abgeholt und sind dann zum neuen indischen Zuhause von Sophie und Sarah gegangen. Die beiden wohnen im Bethesta Deaconess Home for Women und kümmern sich dort um ältere, behinderte oder benachteiligte Frauen. Sie haben uns auch dort zu ihrer Arbeitsstelle mitgenommen und uns den Menschen dort vorgestellt. Ein junges Mädchen ist mir dort sehr im Gedächtnis geblieben, denn sie hat sich selbst angezündet und ihre ganze Haut war verbrannt. Trotzdem war sie total glücklich, als wir dort hingekommen sind und mit ihr gesprochen haben. Gut, dass es solche Einrichtungen auch in Indien gibt.
Thanjavur eignet sich ganz hervorragend zum Shoppen und diese Möglichkeit wurde gleich danach ausgenutzt. Ich habe ein wunderschönes Kleidchen gefunden: Ein sattes Türkis, umrandet durch rosafarbene Akzente und vollendet durch eine schwarz silberne Blumenborte. Ohja, in Deutschland würde ich niemals auf die Idee kommen solche Klamotten zu kaufen, aber hier finde ich sie einfach schön, je mehr Blümchen und Rosa darauf zu finden sind, von Glitzer ganz zu schweigen. Ich habe mir auch noch ein Tagebuch gekauft und schreibe jetzt fleißig. Noch nicht mal früher habe ich so viel geschrieben, allerdings passiert hier auch so viel und wirklich jeder Tag ist irgendwie anders.

Zum Beispiel gestern Morgen, als wir vom Kindergarten nach Hause gefahren sind, mit dem Bus, der mir irgendwie ein ganz neues Lebensgefühl vermittelt, musste er einen kleinen Umweg fahren. Grund dafür sind die so engen Straßen, sodass nicht zwei Busse aneinander vorbei fahren können. Zumindest wenn man sich in einem Dorf befindet. Auf freier Straße hingegen passen IMMER zwei nebeneinander, auch wenn sich neben dem Weg, der eigentlich genauso breit ist wie im Dorf, ein kleiner Graben mit Fluss befindet. Angst, dass der Bus bei der Schieflage durch den Graben umfällt, haben aber trotzdem irgendwie nur M. und ich.
Wie dem auch sei, unser Bus musste halt wirklich woanders lang fahren und kam dann, nach bereits sehr brenzligen Situationen aufgrund einer Brücke an eine Straßenecke, die für uns schon sehr eng aussah. Wie sich herausstellte war sie das auch und der Busfahrer mühte sich bestimmt geschlagene 30 Minuten ab, den Bus um die Kurve zu kriegen. Dabei harkte sich leider das Fenster, also da wo das Fenster eigentlich sein müsste, denn eine Glasscheibe gibt es an den Seiten einfach nicht, an dem Dach des Hauses an der Ecke ein und der Bus riss unglücklicherweise ein Stück der Dachziegeln mit. Nun, der Mann, dem das Haus gehört fand das nicht so witzig und schrie dafür ziemlich rum. Spätestens als der Busfahrer dann den Motor ausmachte, wussten wir, dass wir uns irgendwas neues suchen mussten, um nach Hause zu kommen. Handy hatten wir nicht mit, konnte ja keiner ahnen, dass dieses Haus da an der Ecke steht und den Bus hindert weiterzufahren. Uns haben dann zwei muslimische Frauen mitgenommen zur Main Road und dort haben wir auf den nächsten Bus gewartet. Der kam dann auch, war aber hoffnungslos überfüllt und mir ist klar geworden: Ich möchte doch keine Zug – Survival – Situation haben.

Mit dem Zug fahren ist das auch so eine Sache gewesen, denn wir sind stark davon ausgegangen, dass wir, wenn wir nicht den Express nehmen, ungefähr drei Stunden von Thanjavur bis nach Mayiladuthurai brauchen. Als dann der Zug nach zwei Stunden gehalten hat, einfach nicht weiter fahren wollte und alle Menschen schon ausgestiegen waren, wurden wir schon etwas nervös. Wir haben dann den Schaffner gefragt, bzw. die ganze Zeit „Mayiladuthurai“ gesagt und auf den Zug gezeigt. Er nickte immer wieder, aber als wir uns hinsetzten wollten, schüttelte er den Kopf. Naja, dann sind wir erst einmal ausgestiegen und hatten diesmal wirklich etwas Angst nicht nach Hause zu kommen. Wir haben dann aber den Lockführer getroffen haben, der uns irgendwie vermitteln konnte, dass wir bereits in Mayiladuthurai sind. Glück muss man haben, liebe Kinder, dass unsere Heimatcity auch die Endstation war, sonst wären wir locker noch eine Stunde weiter gefahren und das wäre nun wirklich sehr schade gewesen.

Ich habe übrigens den ersten Inder getroffen, den ich mit nach Hause nehmen will. Er ist nicht 3 Jahre, auch nicht 23 heheh, sonder erst 15 und ich habe große Schwester – Gefühle bei ihm entwickelt, ganz ganz doll. Er heißt Trevi und ich habe mir überlegt, dass er ja bei meinem Bruder einziehen könnte. Na Joni, was hältst du davon? Der ist echt cool drauf und ihr würdet euch bestimmt verstehen, sobald du Tamil sprechen kannst oder er Englisch.
Um ein Kapitel über männliche Wesen im wirklich interessanten Alter zu schreiben, fehlt mir leider der Stoff, denn in Indien hat man einfach kein Kontakt zu dem anderen Geschlecht -  außer natürlich man hat vor, oder besser gesagt deine Eltern haben vor, dich mit dem Mann zu verheiratet. Das hat mein bereits bekannter Arzt auch schon angedeutet. Er hat mich gefragt ob mir Indien gefällt und als Antwort auf mein Nicken, kam dann nur: Gut, dann kannst du ja einen Inder heiraten und dann hier herziehen. Er könnte auch gleich ein paar Kandidaten anrufen. Nun, das geht mir dann vielleicht doch etwas zu schnell. Doch diese strickte Trennung zwischen Frau und Mann erkennt man auch im Alltag. Zum Beispiel im Bus sitzt NIE ein junges Mädchen neben einem Typen. Bevor das passiert steht sie lieber oder eine ältere Frau tauscht mit ihr den Platz. Beim Arzt heute, ich weiß, man könnte meinen ich sei ständig da, war zwischen mir und dem Mann ein Platz frei und Rina, meine neue indische Lieblingsfreundin hat sich dann lieber auf die Treppenstufe gesetzt, als auf die Bank neben mir, bzw. ihm. 
So kann man meine Gespräche mit den männlichen Vertretern Indiens quasi an einer Hand abzählen oder schlichtweg sagen es gab keine, denn die einzigen Kontakte waren beispielsweise mit dem Busfahrer (ungefähr 25), als ich gesagt habe, wie gut seine Musik ist. Da hat er mir aber ein sattes Lächeln geschenkt, hehe. Dann nochmal, sehr ähnlich, als ein anderer Busfahrer sein Mobil zwischen einem dummen Graben und dem anderen Bus durchmanövriert hat. Da habe ich zu Ushar, meiner neuen indischen Mami gesagt, „good busdriver“ und als sie das weitergeben hat, hat er sich sehr gefreut. Seitdem werde ich von ihm immer angelächelt, wenn er unseren Bus fährt. Einmal wurden M. und ich auch von einem Typen mit seinem Roller zur Bushaltestelle gebracht. Er wollte mir auch seine Handynummer geben, aber ich hatte da leider keins mit. Dum Dum duuuuum. Das ist echt ein Punkt, den man Null mit Deutschland vergleichen kann.
Meine Gesundheit hat sich durch die 434023402 Tabletten wirklich verbessert, trotzdem hat mir mein Arzt erneut 343240 andere Tabletten aufgeschrieben gehabt und gesagt, ich solle heute nochmal wiederkommen. Er hat außerdem nach einem Foto von mir gefragt und das habe ich ihm heute auch gegeben. Eins von meinen wunderschönen Passbildern, auf denen ich halt ernst gucke, wie man das auf Passbildern so macht. In Indien allerdings ganz normal, denn auf Fotos gucken hier alle so. Er mochte es auch irgendwie, hoffe ich zumindest. Heute habe ich auch seine Familie kennengelernt. Jaja, obwohl draußen seine Patienten warten, hat er mir erstmal einen Kaffee und Kekse gebracht, bzw. von seiner Frau bringen lassen. Dann hat er mir noch seine Tochter und deren Tochter vorgestellt und mir Bilder von seinen Söhnen gezeigt – die beiden schon verheiratet sind. Sein Haus, das erste Haus in dem ich hier bis jetzt wirklich war, war sehr indisch. Überall stand etwas rum und am besten war die Wäscheleine mitten durchs Haus auf der ein Handtuch mit einem Delphin hing. Am 16. hat er mich übrigens zum Essen eingeladen. Ich werde wohl M. mitnehmen, sie weiß zwar noch nichts davon, aber alleine traue ich mich nicht.

Hier hat es heute angefangen zu regnen, das ist echt ein Genuss. Es hat sich etwas abgekühlt, aber es ist immer noch angenehm warm.

Ich habe auch meine erste größere Anschaffung gekauft: Fußkettchen. Das ist hier quasi ein Muss und ich liebe sie auch total. Die sind sogar mit kleinen Glöckchen und es klingelt jetzt immer, wenn ich gehe. Hört sich vielleicht nervig an, aber hier tragen es fast alle. Rina meinte zu mir, „now your are a real Indian girl“. Das fand ich richtig süß und es stimmt auch ein bisschen. Langsam habe ich das Gefühl, dass ich hier zuhause bin und wir fühlen uns in die Gemeinschaft vom Compound wirklich aufgenommen. Trotzdem ist es mir etwas unangenehm vor den Frauen hier über die Ketten zu sprechen, besonders wenn sie mich nach dem Preis fragen. Ich habe 3500 Rupies dafür bezahlt (Runtergehandelt von 4000!), das sind ungefähr 40 Euro – halt echtes Silber und hier eine Menge Geld. Rina verdient beispielsweise nur 700 Rupies im Monat. Mit diesem Einkommen könnte sie in Deutschland gar nicht leben! Allerdings trägt sie auch Silberkettchen um die Füße, man kauft sie sich wohl einfach einmal.

Im nächsten Eintrag werde ich dann wahrscheinlich den Rundbrief an meine Förderer veröffentlichen, zumindest Teile davon. Dann kann man mal lesen, was ich hier eigentlich wirklich den ganzen Tag mache und was eigentlich meine richtigen Aufgaben sind. 

Samstag, 28. September 2013

Verkehrte Welt manchmal

Bevor ich meinen neuen fesselnden Eintrag beginne, muss ich noch gestehen, dass meine Oma doch nicht gesagt hat, man soll Zwiebeln einfach so aufs Ohr legen. Erst kochen und den Saft, sowie die weichen Zwiebeln in ein Tuch wickeln und das hilft dann.
Glücklicherweise sind meine Ohren nicht so wehleidig und haben sich, trotz ungekochter Zwiebel, wieder beruhigt.
Allerdings bin ich immer noch irgendwie krank, denn seit Dienstag sind meine Mandeln ganz dick und sehr hässlich. Wirklich nicht schön und es tut mir echt leid, dass ich hier im Moment rumheule und von meiner ständigen Krankheit rede, aber ich könnte auch gerade gar nichts anderes erzählen, weil man mit dummen Mandeln wie meinen nichts Richtiges erlebt.
Das dachte ich zumindest, bis ich dann die indischen „Ärzte“ besuchen durfte. Arzt Nummer Eins war ein sehr alter indischer Mann, bei dem ich sicher war, dass er kein Wort von dem verstanden hat, was ich ihm versucht habe zu sagen. Er zückte dann einen Stift, ohne sich meine Hals wenigstens einmal anzugucken und schrieb mir drei Tablettensorten auf, von denen ich jeweils drei Tabletten kaufen sollte. Danach nahm er sein Stethoskop und berührte, wirklich nur für eine Millisekunde, meine Brust und das war’s dann. Die Behandlung kostete mich übrigens 20 Rupies, das entspricht ungefähr 23 Cents.
Nun gut, die Tabletten haben nicht geholfen und wirkliche Tipps für meinen Hals konnte er mir auch nicht geben und so habe ich halt selber mal probiert, was man so machen kann. Internet kann ja auch sehr nützlich sein. Neben ganz viel Honig und Tee habe ich sogar so ein Kartoffelwickelding gemacht. Das war aber genauso ein Fail wie meine Zwiebelidee. Ich bin in solchen Sachen einfach nicht bewandert und so kam es dann, dass ich heute einen zweiten Doktor aufsuchen musste.
Arzt Nummer Zwei war auch ein alter indischer Mann, allerdings nicht so alt wie Arzt Nummer Eins. Während er diesmal den Anschein erweckte mich gut zu verstehen, konnte ich  wiederum nur schwer eines seiner Worte entziffern. Er nuschelte ein bisschen und Inder reden ja auch generell sehr schnell – nicht nur in Tamil, sondern auch in ihrem nahezu akzentfreien Englisch. Nachdem ich dann zu den meisten seiner Sätze ein kurzes Yes gab, setzte er sich eine Lampe auf den Kopf und schaute sich meinen Hals an. Das war ja schon mal durchaus positiv zu bewerten, doch sein Blick wurde echt ein bisschen böse und es folgte nur ein trockener Satz: „Your tonsils are in a very bad condition“. Nun, da erzählte mir der gute Mann ja nichts neues, allerdings sprach er danach von einer Tonsil – Operation, bei der er mir die Mandeln doch einfach rausnehmen kann. Bei aller Liebe zum indischen Gesundheitssystem musste ich trotzdem erwidern, dass ich das gerne in Deutschland machen lassen würde. Doch das stellt  kein Problem für meinen neuen indischen Lieblingsarzt dar, denn der meinte er würde sich dann einfach ein Flugticket kaufen und nach Deutschland kommen, um bei meiner OP zu helfen. Das ist doch mal ein Wort, ich müsste ihn halt nur vorher anrufen und ihm den Termin nennen.
Da meine Mandeln nach längerer Diskussion doch erstmal an ihrem Platz bleiben, schrieb er mir ein Rezept mit 10 unterschiedlichen Tablettenarten. Vorher fragte er mich jedoch noch nach meinem Namen, um ihn auf das Riesen – Rezept schreiben zu können. Ich buchstabierte ihm Lea und sagte, dass er noch meinen Nachnamen dahinter hängen müsse. Dazu gab ich ihm meinen Reisepass und er guckte sich die erste Seite an. Er deutete fragend auf meine Unterschrift und sagte: „You are very nice, but your signature is totally ugly.“ Scheinbar der erste Mensch, der sich über meine Unterschrift lustig macht, anstatt über mein Bild. Verkehrte Welt hier in Indien irgendwie.
Letzten Endes habe ich dann noch zwei Injections bekommen und es gab kein Pflaster mit Tierchen drauf oder so.
Ich habe eben erstmal gegoogelt, für was die Tabletten so sind, und es passt sogar ungefähr zu dem was ich habe. Trotzdem ist es komisch 10 Tabletten jeden Abend und jeden Morgen zu schlucken, das kann nicht soooooo gesund sein. Egal, dann bin ich halt ein bisschen auf Droge.
Aufgrund des Arztbesuches habe ich mal wieder am Vormittag und nicht wie gewohnt am Abend „geduscht“( Dies ist ein großer Unterschied, weil das Wasser mittags warm bis wirklich heiß ist). Duschen muss man ebenso wie den Arzt in Anführungszeichen setzen, weil man das null mit Deutschland vergleichen kann. Unsere Dusche besteht aus einem Duschkopf, der bestimmt gut wäre, würde er eben nicht nur 2 Wasserstrählchen besitzen, die den Menschen darunter auch wirklich treffen. Der Rest duscht nämlich eher die Wand oder auch alles andere, was sich in unserem Bad so befindet. Deswegen nehmen wir immer einen großen Eimer und einen kleinen und schütten uns das Wasser steinzeitmäßig über den Kopf. Klappt aber eigentlich ganz gut, ich finde es sogar sehr entspannend. Normalerweise dusche ich abends, da ist das Wasser immer bitterkalt, aber wen stört das schon bei fast 35 Grad.

Dennoch könnte das natürlich auch einer der Gründe sein, warum ich ständig Halsschmerzen habe. Leider kann ich genau gar nichts an meiner Dusche ändern. Aber wird schon, und wenn nicht dann gehe ich halt nochmal zum Arzt, denn irgendwie hilft er doch, mir geht’s heute nämlich schon viel besser. 

Sonntag, 15. September 2013

Number 2

Hier kommt nummer 2, ich musste das teilen, weil mein internet zu dumm dafür ist.


Ich schreibe meine Blogtexte übrigens über mehrere Tage, so müsst ihr darüber hinwegsehen, dass ein „heute“ nicht immer ein heute heißt. Grund dafür ist zum einen meine nicht immer vorhandene Kreativität, aber auch, weil einfach nicht immer so viel passiert, dass es sich lohnen würde dafür den Laptop hochzufahren und die überaus spannenden und interessanten Geschichten aufzuschreiben.
Heute allerdings, (mit heute meine ich hier den 15.09.13) waren wir morgens in der Kirche und ich hatte zum ersten Mal meinen Saree an, der wirklich unglaublich schön ist, aber leider auch unglaublich unpraktisch. Ich hatte durchgehend das Gefühl, dass das 6 Meter lange Tuch gleich runterrutscht und ich nur noch in der bauchfreien Bluse und dem Unterrock dastehe. Ist dann aber doch nicht passiert, allerdings müssen Maggi und ich etwas überfordert ausgesehen haben. Das hat die Frau neben uns auf der Bank trotzdem nicht davon abgehalten ein Foto von uns mitten im Gottesdienst zu machen, indem sie eine wildfremde Frau ohne etwas zu sagen aufforderte, mit ihrem Handy diesen denkwürdigen Moment festzuhalten. Das Bild sagt eigentlich nur Verwirrung aus.
Meine Erkältung ist wieder etwas besser geworden, unglücklicherweise werde ich jetzt von Ohrschmerzen geplagt und ich hatte vorher echt noch nie Ohrschmerzen. Das geht sogar so weit, dass ich noch nicht mal richtig wusste, dass Ohrenschmerzen so dumm sind. Aber wäre man jetzt in Deutschland wäre auch klar, was man tut: Man legt ne Zwiebel aufs Ohr, zumindest hat meine Oma das immer gesagt. Also habe ich nach einer Zwiebel gefragt und das hat allerdings für etwas unüberzeugte Blicke gesorgt. Doch unter meinen Beteuerungen „onions are very good“ konnte ich meine neue indische Familie überzeugen und ihnen eine neue Methode gegen die Bekämpfung von Ohrenschmerzen näher bringen. Hier nimmt man Zwiebeln übrigens, wenn man von einem Skorpion gestochen wird. So liege ich hier jetzt mit dieser extrem ekligen Zwiebel rum. Ich hasse Zwiebeln für immer.

Aber, wie wir alle wissen:  Das Leben ist kein Tanzverein und schuld an diesem Zitat aus einem unglaublich bösen BadRap Lied, einer eigentlich doch ganz guten Zusammenkunft von wirklich bösen Rappern, mit irgendwie schon ziemlich miesen Texten, ist übrigens der  Ipod meines Lieblingsbruders, der mir immer mehr ans Herz wächst (auch wenn er immer so dumm von Lied zu Lied springt, ohne das ich das will. Hättest du mir auch ruhig sagen können). Trotzdem danke Brudi <3. Ich bin stolz auf deinen exzellenten Musikgeschmack, der mich so doll an dich und die noch viel bösere Eschedeer - Hood erinnert. 

Number one

Zuerst einmal muss ich den lieben Menschen danken, die mir als Antwort auf „Die Suche nach Nutella“ wunderschöne Bilder eines riesigen Nutellatoast geschickt haben. Das baut auf, haha.
Heute kommt es zu einer Prämiere. Ich bin mir sicher, dass vor mir noch nie ein Mensch diesen Satz im Internet veröffentlicht hat oder den Mut hatte, ihn in einem Gespräch auch nur in den Mund zu nehmen: Ich liebe Cebus. Heute kann ich das sagen, obwohl ich selber jahrelang an dem Schauspiel teilnehmen durfte, während meine beiden lieben Freundinnen mit dem Fahrrad fahren konnten.
Diese doch sehr merkwürdige Aussage rührt von meinem heutigen Erlebnis, einen indischen, öffentlichen Bus zu benutzen. Sollte man sich nach langem Hadern dazu entscheiden einzusteigen, könnte man die charakteristischen Eigenschaften des Busses durchaus mit einer Disko vergleichen. Im Inneren ist es dunkel, voller Menschen, warm und man hört die ganze Zeit die mega indische Partymusik. Besonders erwärmend waren dazu noch die liebevoll aufgehängten Lichterketten, die für die richtige Atmosphäre sorgen. Ein gewissen Unterschied gibt es allerdings doch noch: Sollte man am Eingang stehen, um die Chance an der richtigen Bushaltestelle wieder aus dem Partybus herauszukommen zu erhöhen, muss man sich wohl oder übel an den „Schaffner“ gewöhnen, der die ganze Zeit mit seiner Trillerpfeife die Geduld der mitfahrenden Menschen testet. Seine Mission ist mir aber auch noch nicht hundertprozentig klar. Hinzu kommt natürlich noch die nichtausbleibende Todesangst, da ja auch der Bus an dem indischen Verkehr teilnimmt.
Gestern waren wir dann zum zweiten Mal im Kindergarten, diesmal in Killiyanur (oder so ähnlich). Um dort hinzugelangen muss man sich übrigens wieder in einen Bus setzen, denn unser neuer Arbeitsplatz liegt eher auf dem Land. Man lernt die Ruhe so unglaublich zu schätzen, sollte man sich in der indischen Öffentlichkeit bewegen.
Als wir dort angekommen sind, wurden wir sehr herzlich begrüßt und die Leiterin des Kindergartens hat uns eine Kette geschenkt. Diese Kette ist, nun ja, sehr indisch. In Deutschland würde man sie wahrscheinlich als Erbstück der eigenen Ur Ur Ur - Oma  preisen. Es ist eine Perlenkette mit rundem Medaillon, welches außen herum ebenfalls mit Perlen besetzt ist. In dem inneren Kreis sind dann Diamanten und es folgt ganz in der Mitte erneut eine ganz dicke Perle. Indischer Kitsch halt, aber irgendwie hat sie für mich Bedeutung.
Heute in einem Supermarkt wollte ein Inder mir ein riesiges Grundstück verkaufen. Er meinte, ich könnte dort super eine Villa bauen lassen und mit meinem Ehemann und meinen Kindern einziehen. Fetter Plan auf jeden Fall, die Villa nehme ich.
Das Essen ist in unserem Projekt übrigens sehr viel besser als in Chennai. Hier gibt es auch Nudeln, also so asiatische, aber auch Pancakes, sodass mein Vorhaben schlanker zu werden irgendwie nicht ganz klappt. Leider ist auch das mit dem „ich werde halt mega braun“ eine Illusion, denn man hält es in der Sonne einfach nicht aus. Es ist so unglaublich warm hier, man kann gar nicht richtig vor die Tür gehen und ich kann nicht mehr vorstellen, wie das ist zu frieren. Irgendwie ist es mir aber trotzdem gelungen mich zu erkälten und ich habe gestern die erste Paracetamol – Tablette genommen, nachdem ich sie in meiner Sammlung von rund 50 Packungen unterschiedlichster Tabletten gefunden habe. Ich habe sogar noch Vick Vaporub bekommen, dieses Zeug, was man sich auf die Brust schmiert und das dann nach Eukalyptus riecht, also quasi wie zuhause.

Donnerstag, 5. September 2013

Heimat unter Palmen

Ich mutiere zur perfekten Hausfrau. Für viele mag dies quasi unmöglich erscheinen, denn beispielsweise meine Kochkünste gehen so eher gegen Null. Das bleibt auch vorerst so, allerdings habe ich heute zum ersten Mal meine Wäsche gewaschen. Um dieses Ereignis für die Nachwelt zu archivieren, hier die Anleitung (übrigens auch für alle, die gern Hausfrau wären oder sich mir näher fühlen möchten): Man nehme ein Eimer mit Wasser, kann durchaus kalt sein, weil es hier kein warmes gibt. Dann benötigt man das Burti – Reisemittel und kippt es dazu. Nun muss man die Wäsche in dem Eimer durchkneten und danach aufhängen. Schon ist man fertig und kann sich selber die Schulter klopfen.
Aber genug davon.
Nach einer langen 8 Stunden Busfahrt sind wir nun endlich in Mayiladuthurai angekommen. Ich dachte immer ich könnte nicht gut in Bussen schlafen und siehe da, ich kann es auch nicht. So blieb mir genug Zeit die Landschaft hier in Indien zu studieren. Je weiter wir aus Chennai rausgefahren sind, desto grüner und ländlicher wurde es. Leider auch noch etwas ärmlicher. Vereinzelt konnte man sogar Lehmhütten mit Schilfdächern erkennen.
So sieht es aber in unserem neuen Zuhause nicht aus. Der Compound des TELC Home for Girls ist wirklich eine schöne Anlage. Der Gärtner hier muss wohl einen grünen Daumen haben. An den Fensterausblick mit Palmen kann man sich durchaus gut gewöhnen.
Als wir hier angekommen sind, wurden wir auch schon freudig erwartet. Nach einer Tasse Tee (der Tee ist wirklich sehr gut hier), konnten Margaretha und ich erstmal unser neues Zimmer beziehen. Danach bekamen wir eine Art Begrüßungsprogramm, bei dem die Mädchen für uns getanzt und gesungen haben. Sie sind so unglaublich süß und wir haben sie schon ins Herz geschlossen.  Am Ende der kleinen Show, wollten sie, dass nun wir unser Gesangspotenzial beweisen. Aus Erfahrung wissen die meisten, dass meins leider nicht vorhanden ist. Unglücklicherweise sprang meine liebe Mitfreiwillige auf und schrie JAAAA. So euphorisch habe ich sie noch nie gesehen. Also sangen wir ein Lied, das wohl eher mit einem Applaus aufgrund der Unterhaltsamkeit, und nicht wegen unserem musikalischen Verständnis belohnt wurde.
Gestern waren wir dann das erste Mal in der City unterwegs. Wir wollten uns etwas Neues zum Anziehen kaufen, doch ich habe tatsächlich nichts gefunden.
Wenn man hier als quasi blonde Europäerin durch die Straßen geht, ist es doch sehr schwierig nicht aufzufallen. Die Inder haben irgendwie eine andere Einstellung zum Thema anstarren. So kann es durchaus passieren, dass sogar Autos extra anhalten um dich anzugucken. Ich kann das leider nicht sehr gut beschreiben, aber ich glaube, wenn man in Deutschland nur in Unterwäsche auf die Straße geht, kommt ungefähr dasselbe bei raus, haha.  

Ab Montag werden wir dann in die Kindergärten gehen und da unsere Kreativität ausleben. Bis dahin entspannen wir uns bei eigentlich angenehmen 32 Grad unter Palmen.